Kreisauer Begegnungen
Seit über einem Jahrzehnt führt das HSG Begegnungs- und Gedenkstättenfahrten nach Kreisau/Polen durch, anfangs zusammen mit einer Partnerschule in Leszno, seit 2016 auch trinational mit einer weiteren Schule in Odessa/Ukraine. Die Themen reichen vom NS-Widerstand und dem Holocaust über die Aussöhnung zwischen den Nationen bis hin zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Union.
Diese Schulpartnerschaft wird durch das Deutsch-Polnische Jugendwerk unterstützt.
Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen…
„Vor den bloßen Gedanken hat der Nationalsozialismus eine solche Angst, dass er alles, was damit infiziert ist, ausrotten will. Wenn das nicht ein Kompliment ist. Wir werden gehenkt, weil wir zusammen gedacht haben!“ schrieb Helmuth James von Moltke am 10. Januar 1945 an seine Frau Freya, die sich zu der Zeit auf dem gemeinsamen Gut in Kreisau im heute polnischen Niederschlesien befand.
Seit 2012 treffen sich einmal jährlich Schüler des Hohenstaufen-Gymnasiums mit Schülern des Liceum Ogólnokształcące im. Juliusza Słowackiego aus Leszno/Polen auf genau jenem Gut, das heute eine Internationale Jugendbegegnungsstätte ist. Seit 2017 bereichert auch das Gymnasium Nr.9 aus Odessa die nunmehr trinationale Begegnung.
Die Gedanken, die dem so genannten Kreisauer Kreis und ihrem bekanntesten Vertreter Helmuth James von Moltke damals zum Verhängnis wurden und die in den dunkelsten Jahren der deutschen Geschichte im Berghaus unweit des Gutes gedacht worden sind, waren knapp 80 Jahre danach wieder Gegenstand einer Briefelesung in genau jenem Berghaus. Die Jugendlichen setzen sich gemeinsam mit der Familien- und Gutsgeschichte auseinander und untersuchen den Widerstand gegen das NS-Regime in Workshops. Darüber hinaus wird die Judenverfolgung im Dritten Reich thematisiert. Ein gemeinsamer Besuch des Konzentrationslagers Groß-Rosen macht den Holocaust in seiner ganzen Brutalität greifbar. An eine Filmdokumentation schließt sich der Besuch einer Ausstellung und eine Führung über das Gelände des Lagers an, dessen Ziel „Vernichtung durch Arbeit“ etwa 40.000 Menschen zum Opfer fielen.
Um die nachdenklichen Mienen der Jugendlichen wieder aufzuhellen, kommt der Besuch der europäischen Metropole Breslau direkt im Anschluss an Groß-Rosen gerade recht. Eine spielerische Entdeckungstour im Stil einer städtischen Schnitzeljagd lässt die Teilnehmer eine Stadt entdecken, die wie keine andere Stadt das oftmals schwierige Verhältnis zwischen Deutschen und Polen versinnbildlicht, ein Highlight der Woche.
Neben der Freilichtausstellung „Mut und Versöhnung“ in Kreisau lernen die Teilnehmer auch Schweidnitz mit seiner Friedenskirche kennen, die als größte Fachwerkkirche in Europa auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO steht.
Beim gemeinsamen Grillen, aber auch bei den Workshops mit Sprachspielen und der gegenseitigen Vorstellungen des eigenen Heimatlandes entwickelt sich während der Woche ein Gefühl für die jeweiligen Befindlichkeiten der drei Nationen. Vor allem aber werden viele Gemeinsamkeiten sichtbar. Für die Betreuer ist es immer eine Freude, am Ende einer bewegenden Woche zu sehen, wie Adressen und Telefonnummern ausgetauscht wurden. Begegnungen sind der sicherste Weg Freundschaften zu stiften, die auch eine verfehlte Politik nicht mehr entzweien kann.